Irgendein Job ist genauso doof wie irgend 'ne Freundin
aus: Leipziger Volkszeitung, 1.Juli 2004
Bei der Berufswahl rät Jobfinderin Uta Glaubitz: Hör nur auf dich
Mal Modedesignerin, Zauberkünstler, Stuntman oder Comic-Zeichnerin werden – solche Träume bleiben oft ein Hirngespinst. Jugendliche tun sich bei der Berufswahl schwer, nehmen am Ende das, was es gibt oder was vernünftig erscheint. Vielleicht kein Wunder bei der momentanen Lehrstellensituation. Doch bevor du Ziele aufgibst, rät Jobfinderin Uta Glaubitz dazu, genau darüber nachzudenken, was du selbst willst und gut kannst. Und sie weiß auch, was dich deinem Traumjob ein Stückchen näher bringt.
Frage: Wie haben Sie ihren Job gefunden?
Uta Glaubitz: Vor Jahren habe ich Texte über Beruf, Karriere und Bewerbung geschrieben. Dabei kam mir immer wieder der Gedanke: Wozu braucht man eine schöne Bewerbungsmappe, wenn man nicht weiß, was man werden will? Dann habe ich zu meiner Freundin gesagt: „Man müsste Berufsfindungskurse geben." Sie nervte mich so lange, bis ich vor acht Jahren meinen ersten Kurs gab.
Was ist so schwer an der richtigen Berufswahl?
Für viele ist die Berufsfrage negativ besetzt. Seit frühester Kindheit hörten sie bei ausgefallenen Berufswünschen nur: „Du spinnst, das ist kein richtiger Beruf, damit kann man kein Geld verdienen." Später denkt man schon von selbst: „Regisseur? Spinnerei!", „Survivaltrainer? Kein richtiger Beruf!" Kein Wunder, dass Jugendliche blockiert sind.
Was hilft bei der Entscheidungsfindung?
Weder Lehrer noch Eltern oder das Arbeitsamt sind für einen verantwortlich – nur man selbst. Deshalb überlegen, was einem Spaß macht, was man wichtig findet, was einen motiviert. Vielleicht auch, wofür man freiwillig die Nacht durcharbeiten würde.
Lehrstellen sind knapp - kann man sich solche Überlegungen überhaupt erlauben?
Je angespannter die Situation ist, desto wichtiger wird es, zu wissen, wo's für einen selbst lang geht. Wer einfach nur einen Job sucht, wird genauso wenig erfolgreich sein wie einer, der einfach nur einen Partner sucht.
Stellenanzeigen sind aber eher allgemein gehalten.
Es ist schwer, in einer Anzeige zu vermitteln, was ein Unternehmen wirklich sucht. Erfahrungsgemäß sind Leute gefragt, die engagiert, sympathisch, lernbereit und fleißig sind und die gut zusammenarbeiten und in Aufgaben hineinwachsen können und wollen.
Was sollten Schüler unbedingt können, um ihrem Traumjob näher kommen?
Grundsätzlich braucht man Verantwortungsbewusstsein, Durchhaltevermögen, Engagement, Selbstbewusstsein und Optimismus. Der Rest hängt davon ab, was man machen will. Aber Grundkenntnisse im Umgang mit Telefon, Fax, MS Office und ein passables Englisch schaden genauso wenig wie eine gute Allgemeinbildung. Und: Man muss gut kommunizieren können.
Für schüchterne Menschen ist aber oft schon das Bewerbungsgespräch eine Katastrophe? Was raten Sie?
Man sollte sich klarmachen, dass es keinen Beruf gibt – jedenfalls keinen interessanten –, in dem man sich Schüchternheit leisten kann. Ich würde deshalb etwas dagegen tun: Theater spielen, Kommunikationskurse machen, mich in der Jugendarbeit engagieren.
Wie können Leute mit schlechten Noten punkten?
Die kann man mit praktischen Erfahrungen wett machen. Ganz wichtig: Erfahrungen sollten zum Berufsziel passen. Also nicht ein Praktikum machen, weil gerade etwas frei war.
In Ihren Büchern betonen Sie, dass Spezialisierung wichtig ist. Müssen junge Leute nicht eher versuchen, sich möglichst breit zu orientieren, um ihre Chancen zu erhöhen?
Im Gegenteil. Ein Vergleich: Wer als Fußballspieler ein breites Profil hat von Verteidigung über Mittelfeld und Sturm bis zum Torwart, bekommt nie einen Platz in einer Bundesligamannschaft. Wer dagegen klar zeigt, dass er ein guter Torwart oder ein guter Abwehrrecke ist, kann Trainer und Sportdirektor überzeugen.
Gibt es Zukunftsberufe?
Ich rate von dieser Kaffeesatzleserei ab. Ich würde überlegen, was ich mit meinem Leben machen will und nicht mein Fähnchen in den Wind hängen.
Interview: Katrin Henneberg