Wer Astronaut werden will, sollte sich nicht davon abhalten lassen

Wer Astronaut werden will, sollte sich nicht davon abhalten lassen

aus: Süddeutsche Zeitung, 19. September 2001

Wer Astronaut werden will, sollte sich nicht davon abhalten lassen

Im Alter von etwa vier Jahren wissen die meisten, was sie einmal werden wollen: Astronaut, Feuerwehrmann oder Ballerina. Wenn es dann aber so weit ist, haben nur noch die wenigsten eine Ahnung, welcher Job ihnen Spaß machen würde. Und statt auf die eigenen Wünsche zu hören, treffen die meisten eine Entscheidung aus Vernunft. Uta Glaubitz hält diese Strategie für falsch. Die selbstständige Berufsberaterin und Buchautorin veranstaltet Workshops für Schulabgänger und Studenten, die nicht wissen, was sie werden wollen. Sie selbst bezeichnet sich als Berufsfindungsberaterin. Im Gespräch mit Monika Dittrich sagt sie, welche Strategie zum Traumjob führt.

SZ: Wie entdeckt man den passenden Beruf für sich?

Glaubitz: Man muss herausfinden, was man wirklich will. Das klingt einfach, ist aber eine sehr schwierige Aufgabe. Vor allem darf man sich von niemandem bequatschen lassen. Eltern neigen manchmal dazu, ihre Kinder zu einer Ausbildung zu überreden. Wer sich davon beeinflussen lässt, wird aber in seinem Job bestimmt nicht glücklich. Deshalb sollte man lieber auf die eigenen Wünsche hören und machen, was einem selbst gefällt. Und wer eben Astronaut werden will, sollte sich davon nicht abbringen lassen.

SZ: Aber wie findet man denn heraus, was man wirklich will?

Glaubitz: Was treibt einen morgens aus dem Bett? Das ist die zentrale Frage, die man sich stellen muss. Schulabgänger sollten überlegen, was ihnen im Leben wirklich Spaß macht und in welchen Situationen sie besonders viel Energie entwickeln. Hier geht es nicht nur um die Lieblingsfächer in der Schule, sondern auch um Hobbys und Freizeitinteressen. Dann sollte man auch überlegen, worauf man selber stolz ist und was man schon mal richtig gut gemacht hat. Wer seine eigene Biografie analysiert, findet bestimmt einen Hinweis, welcher Job zur eigenen Persönlichkeit passen könnte.

SZ: Und dann? Was muss man tun, wenn man weiß, was man will?

Glaubitz: Informationen sammeln. Man muss alles herausfinden, was mit dem Traumberuf zu tun hat. Wenn jemand ein Sportfreak ist und beschlossen hat, sein Hobby zum Beruf zu machen, muss er das gesamte Berufsfeld erforschen. Er muss schauen, welche Jobs es da gibt und was ihn reizen könnte: Survival-Trainer oder Sportreporter, Verkäufer im Sportgeschäft oder Masseur.

SZ: Nicht erst mal schauen, was auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist?

Glaubitz: Auf keinen Fall. Das ist die völlig falsche Strategie. Zum einen weiß niemand, ob der Job auch dann noch gefragt ist, wenn man die Ausbildung abgeschlossen hat. Und außerdem wird man in einem Beruf, den man nur aus Vernunftgründen gewählt hat, nicht glücklich. Wenn man jeden Tag eine Arbeit machen muss, die keinen Spaß macht, wird man bald frustriert sein und Magengeschwüre bekommen.

SZ: Aber was soll man machen, wenn man in der gewünschten Branche keinen Ausbildungsplatz findet?

Glaubitz: Eine Absage ist kein Grund zur Verzweiflung. Berufsfindung ist bei niemandem eine einzige Erfolgsstory. Selbst Leute, die heute in sehr guten Positionen sind, haben auf ihrem Weg dorthin Niederlagen einstecken müssen. Trotzdem ist es Unsinn, aus Verlegenheit irgend einen anderen Job anzufangen, auf den man eigentlich keine Lust hat.