Wie man seinen Traum findet

Wie man seinen Traum findet

aus: BerufSZiel, Süddeutsche Zeitung, 24. September 2005

Von Uta Glaubitz

(hier handelt es sich um den Kommentar zu einem Artikel über drei Leute, die Unmögliches möglich gemacht haben: Alexander Oleg, Edgar Reitz, Barbara Clear)

WENN ALLE LISTEN abgearbeitet, alle Teammeetings gehalten und jeder Streit mit dem Chef gestritten ist, werden Sie feststellen, dass Geld allein nicht glücklich macht. Denn unter der Routine des Alltags liegen Träume begraben. Wenn Sie Ihren eigenen Traum finden wollen, warten Sie nicht auf eine Eingebung von oben. Machen Sie sich auf die Suche wie ein Privatdetektiv oder eine Archäologin: Nach Spuren, Überresten oder Scherben. Fangen Sie an in Ihrer Kindheit: Was wollten Sie früher einmal werden? Biologe wie Alexander Olek, Sängerin wie Barbara Clear oder doch lieber Pirat, Fotografin, Tierfilmer oder Musicalstar?

Das ist eine erste Spur. Spielen Sie weiter: Was hätten Sie wohl der Fee gesagt, die Ihnen zur Einschulung einen Berufswunsch versprach? Fußballtrainer, Reporterin oder lieber Koch? Was hätte Ihre Augen damals zum Leuchten gebracht? Vielleicht ist das eine zweite Spur.

Stellen Sie sich nun vor, die Fee erscheint Ihnen heute noch einmal und gibt Ihnen einen Berufswunsch frei. Würden Sie in die Entwicklungshilfe gehen, einen Film drehen, eine eigene Erfindung auf den Markt bringen? Zwei oder drei Ideen dazu sind ein weiterer Anhaltspunkt. Fragen Sie sich auch, wann Sie das letzte Mal die Zeit vergessen haben. Wann haben Sie die Nacht durchgearbeitet, ohne es zu merken? Wann sind Sie freiwillig frühmorgens aufgestanden? Auch das könnte ein kleiner Hinweis sein auf Ihren Traum.

Stellen Sie Ihre Fundstücke nun zusammen. Auf ein großes Blatt malen Sie links unten einen Menschen, der träumt. Aus dem Kopf steigen große Blasen. In jeder Blase notieren Sie ein Fundstück: Kinderwünsche, Wünsche an die Fee, wann haben Sie die Zeit vergessen, wann hatten Sie besonders viel Energie? Überlegen Sie auch, wo Sie noch weitere Hinweise auf Ihren Traum finden könnten. Wo würde ein Privatdetektiv suchen - wo die Archäologin?

Jetzt ist Ihre Fantasie gefragt: Schauen Sie sich die Ergebnisse einmal ah. Was könnten die bedeuten? Fragen Sie auch andere: „Was seht Ihr in den Blasen meines Traums?" Und erschrecken Sie nicht. Jeder Traum erscheint zu Beginn völlig unrealistisch. Es ist noch nicht lange her, dass niemand an den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche glaubte. Und Accessoires aus zerschnittenen Kimonos hätte man in Deutschland für unverkäuflich erklärt.

Wenn Ihr Traum klarere Konturen annimmt – was dann? Zwei Dinge können Sie lernen aus der Frauenkirche und dem Ticket to Munich. Erstens: Klein anfangen. Auch ein Auftritt vor 30 Leuten ist ein feiner, wichtiger Erfolg. Zweitens: Suchen Sie Verbündete. Das müssen nicht unbedingt Partner, Eltern oder Freunde sein. Suchen Sie stattdessen nach Leuten, die ihren Traum verwirklicht haben. Suchen Sie nach Alexander Olek, Edgar Reitz oder Barbara Clear. Die werden Ihnen sagen: „Wenn Du etwas wirklich willst, dann musst Du es machen." Suchen Sie außerdem nach Leuten, die den gleichen Traum haben wie Sie. Rom wurde nicht an einem Tag und die Frauenkirche nicht von einem Architekten aufgebaut. Zu einem guten Plan gehören gute Verbündete.

Und zum Schluss: Meiden Sie Neider und Bedenkenträger. An jeder Straßenecke stehen Leute, die erklären, warum der Einsatz sich nicht lohnt und Ihr Traum niemals Realität werden kann. Aber Sie wissen es besser: Die Menschheit kann auf den Mond fliegen; die Mauer kann fallen, Christo kann den Reichstag verpacken. Und wer weiß: Vielleicht wird Deutschland eines Tages auch noch Weltmeister.